Dienstag 22.10.2013
19.30 Uhr, Universität Basel,  Kollgienhaus, Petersplatz 1, Seminarraum 212
Homöopathie und Achtsamkeit -
 Stressbewältigung in homöopathischen Arzneimittelbildern und im MBSR-Achtsamkeitstraining ( Mindfullness based stress reduction  nach Jon Kabat Zinn )


Guten Abend.
Mein Name ist  Johannes Latzel. Ich habe seit  1992 ein homöopathische Allgemeinpraxis in Freiburg, gebe Seminare mit homöopathischen Aufstellungen und biete Kurse zur Stressbewältigung an.

Ich möchte heute Abend über Stress sprechen, über Achtsamkeit, und über die Beziehung von Achtsamkeit und Homöopathie. Ich werde ein paar Thesen formulieren, die Sie als Homöopathen vielleicht provozieren werden - aber sie könnten Anlass sein, Homöopathie in einem neuen Licht zu sehen.
Mir selbst ist es jedenfalls so gegangen, dass ich jetzt, seit ich mich ein paar Jahre intensiv mit der Achsamkeit beschäftigt habe, die Homöopathie besser als je zuvor verstehen kann- und noch freier geworden bin, sie anzuwenden, weil es mir noch deutlicher geworden ist, worauf es dabei wirklich ankommt, wenn ich als homöopathischer Arzt arbeite.

Das Thema Homöopathie und Achtsamkeit liegt in der Luft - erst vor knapp 10 Tagen hat Frau Dr. Gabriele Langner darüber einen Vortrag im nachen Müllheim gehalten, der von der Europäischen Union für Homöopathie organisiert war.

Was ist diese Achtsamkeit?
Rilke:
Du mußt das Leben nicht verstehen,
dann wird es werden wie ein Fest.
Und laß dir jeden Tag geschehen
so wie ein Kind im Weitergehen
von jedem Wehen
sich viele Blüten schenken läßt...
Schließen sie doch bitte mal die Augen und richten sie ihre Aufmerksamkeit auf den Augenblick, ohne ihn zu bewerten.
Machen sie das jetzt einfach mal so gut, wie sie das können.
Wie ist es, meine Aufmerksamkeit auf diesen Augenblick zu richten, und dabei so wenig wie möglich zu fragen nach Gut und Schlecht, nach Richtig und Falsch, sondern nur zu forschen : Wie ist dieser Augenblick? Was erlebe ich gerade in diesem Augenblick?
Halten Sie die Augen bitte weiter geschlossen: Ja, wir sind es nicht gewohnt, den Augenblick direkt zu betrachten, ohne ihn zu bewerten.
Was kann uns da helfen?
Wir können uns zum Beispiel fragen:
Was denke ich gerade.
Fast immer denke ich etwas. Kann ich die Gedanken mal anschauen, wie ich Wolken am Himmel betrachte. ?
Was fühle ich gerade?
Kann ich meine Gefühle beobachen, wie der Försten die Rehe im Wald?
Kann ich meine Körperempfindungen beobachten?

Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen - sie wahrzunhmen führt zum Beispiel in das Erleben des Augenblicks.
Nun, wir werden noch mehr über die Achtsamkeit erfahren heute Abend.
Aber vorweg erst einmal:
Die Achtsamkeit ist zu populär geworden, weil sich herausgestellt hat, dass sie Stress reduziert und ganz wesentlich zur Bewältigung von Stress beitragen kann.
Es gibt da ein Stressbewältigungstraining namens MBSR, und das ist wohl derzeit das erfolgreichste und meist erforschte Stressbewältigunstraining der Welt.
Wir sprechen später noch über dieses Training.

Da ich die Wirksamkeit von MBSR bei mir selbst und meinen Patienten
deutlich erlebe, möchte ich Ihnen im späteren Teil des Abends ein wenig davon erzählen, was denn nun mit   Achtsamkeit im Kontext von MBSR  genau gemeint ist, warum man Achtsamkeit trainieren muss,  wie so ein Trainig aus sieht,  welchen therapeutischen Nutzen im Zusammenhang mit Stress Achtsamkeit entfaltet, und dass es  wissenschaftliche Forschung , unter anderem Untersuchungen aus der Neurowissenschaft gibt,  die medizinische Wirksamkeit von Achtsamkeit bestätigt.
Aber zunächst mal :Was ist denn eigentlich Stress, wenn so viele Menschen nach Wegen suchen, ihren Stress zu bewältigen.
Beginnen wir mit der Frage: Seit wann kennen die Menschen Stress?
Wir neigen zu der Antwort: Sicher immer schon. Aber der Begriff Stress ist noch nicht besonders alt

1936 hatte der Mediziner Hans Selye den Begriff aus der Physik entlehnt, um die „unspezifische Reaktion des Körpers auf jegliche Anforderung“ zu benennen. Stress heißt in der Werkstoffkunde der Zug oder Druck auf ein Material.
Die Menschheit hat sich also noch gar nicht so lange mit dem Thema Stress beschäftigt oder Stress als Problem reflektiert.

Aber die Menschen haben sich schon immer gefragt, woher eigentlich das Leiden in der Welt kommt.

 In der  asiatischen Philosophie,  die sich in der Zeit   Gautama Buddhas entfaltet hat, war  das eine zentrale Frage , die die Menschen beschäftigte, und natürlich auch die Frage, wie man sich davon befreien könne. Man sah  die Ursache in der Anhaftung : im Verlangen nach  bestimmten Erfahrungen und in der Ablehnung von bestimmten Erfahrungen, und man suchte nach einem Weg der Befreiung von dieser Anhaftung an Wünsche und Ängste.
Im hinduistischen Kontext spielte  bei der Frage nach dem Ursprung die Idee  des Getrenntseins eine große Rolle,  die als Illusion betrachtet wird, als Maya, und die Weisen suchten einen Weg zu finden, die Einheit allen Seins wieder  zu erfahren.
In der griechischen Philosophie spielte bei der Frage nach dem Ursprung des Leidens als Urproblem das Unwissen über sich selbst eine grosse Rolle und die Aufforderung, die über dem Orakel von Delphi stand: Erkenne dich selbst.
In der jüdisch-christlichen Kultur sah man als Ursprung des Leidens der Ungehorsam gegen Gott, und die zentrale Frage war, wie Erlösung von der Sünde möglich wäre.
In der arabischen Kultur, die der jüdisch christlichen nahestand  die mit dem Islam zu einer hohen Blüte sich entfaltete,  war die Gottvergessenheit das Urproblem, aus dem das Leid ensteht, und die  wichtigste Frage die, wie man sich wieder an Gott erinnern könne.

In unserer westlichen Kultur heute könnte man fast die These aufstellen, dass das zentrale Problem der Menschen  oder sogar so etwas wie der gemeinsame Nenner allen Leidens der Stress geworden ist - und die überlebenswichtige Frage die ist, wie man sich vom Stress befreien kann. Jedenfalls sieht die WHO Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts an, und die Statistiken der sogannten stressbedingten Krankheiten steigen ständig an.
 
Was ist  denn nun Stress?

Was ist Stress ?
Stress leitet sich ab vom englischen Wort "stress" = Druck, Anspannung oder vom lateinischen Wort "stringere"=Anspannug.
Man versteht darunter die Reaktion von Lebewesen auf hohe Beanspruchungen und Anforderungen. Somit ist Stress eine Art Anpassung an hohe Anforderungen.
Es gibt positiven und negativen Stress.
Was ist positiver Stress
Manche Leute, gefragt, wie es geht, antworten, Oh, "Stress!" und sie grinsen über beide Backen.
Es gibt  tatsächlich das Phänomen des positiven Stress,  auch Eustress gennant: Davon spricht man, wenn Anforderungen dazu stimulieren, gute Leistungen zu erzielen. So kann Stress zum Erfolg motivieren, besondere Kräfte und Konzentration freisetzen, und manche können diesen Stress sogar genießen.
Positiver Stress kann sogar  dazu führen,  dass Belastungen besser ertragen oder letztlich durch eine entsprechende Stresstoleranz neutralisiert werden.
In der Biologie spricht man davon, dass Stress  sogar durch Selektionsvorteile einzelner Individuen Adaptation und letztlich Artbildung bewirken kann. Durch genetische Fixierung von Merkmalen, welche Selektionsvorteile bewirken, können sich bestimmte erbliche Eigenschaften evolutiv durchsetzen.
Der Hirnforscher Gerald  Hüther beschreibt in seinem sehr empfehlenswerten Buch " Biologie der Angst", wie durch anhaltenden Stress das Nervensystem entweder zugrunde geht - oder sich nach einer Phase von Chaos und Dysfunktion neu und den Anforderungen angemessener organisiert.
Unser Organismus und speziell unser Nervensystem kann also auf Stressbelastungen positiv reagieren.

Im Modell von Aaron Antonovsky können besondere Stressbelastungen  sogar  salutogenetisch wirken, also die Gesundheit nachhaltig fördern.
In seinem Modell der Salutogenese - also der Lehre davon, wie Gesundheit entsteht-  beschreibt er das Leben als einen Fluss, in dem es gilt, schwimmen lernen, und die Fähigkeiten zu entwickeln, die es dazu braucht.
Um mit Belastungen im Leben gut zurechtzukommen, braucht man vor allem das
Kohärenzgefühl :  Das  Vertrauen -
(  vgl. die Nähe zu Victor Frankls Logotherapie - Sinn finden)
-dass man die Dinge verstehen kann
-dass man sich handhaben kann und genügend Ressourcen da sind dafür
-dass es Sinn macht, diesen Herausforderungen zu begegnen und sich das Engagement dafür lohnt.
Was ist aber, wenn das abhanden geht? Dann haben wir den
Negativen Stress
Forscher haben heute viele Theorien und Modelle entwickelt, um Stress besser zu verstehen.
 Man kann Stress z. B. einfach  als Notfallreaktion  betrachten
Nach Walter Cannon (1914, 1932) geht es beim Stress um die Entscheidung für Flucht oder Kampf: Nach diesem Modell reagiert der Körper blitzartig durch die Herstellung einer „Flucht oder Angriffsbereitschaft“.
Im Transaktionalen (oder kognitiven) Stressmodell  nach Lazarus zum Beispiel wird
Stress  von einer Person dann erlebt, wenn sie wahrnimmt, dass die Anforderungen einer Situation die persönlichen und sozialen Ressourcen, die sie  zur Bewältigung dieser Situation zu aktiviern in der Lage ist, übersteigen.
Ähnlich  in der
Theorie der Ressourcenerhaltung  {nach Stevan Hobfoll (1988, 1998; Hobfoll & Buchwald, 2004) : Danach ist Stress als Bedrohung der Ressourcen zu verstehen.
Die Theorie der Ressourcenerhaltung ermöglicht ein umfassenderes und stärker an den sozialen Kontext gebundenes Verständnis von Stress. Zentrale Annahme ist, dass Menschen ihre eigenen Ressourcen schützen wollen und danach streben, neue aufzubauen. Stress wird als eine Reaktion auf die Umwelt definiert, in der (1) der Verlust von Ressourcen droht, (2) der tatsächliche Verlust von Ressourcen eintritt und/oder (3) der adäquate Zugewinn von Ressourcen nach einer Ressourceninvestition versagt bleibt im Sinne einer Fehlinvestition.
Mit anderen Worten: Stress raubt uns unsere Kraft und stellt uns vor Anforderungen, die wir nicht schaffen können.
Im Anforderungs-Kontroll-Modell (auch: Job Demand-Control-Modell) von Robert A. Karasek
werden zum Stressverständnis  zwei Komponenten herausgestellt: die Arbeitsanforderung einerseits und die Entscheidungsspielräume andererseits. Stress entsteht diesem Modell zufolge vor allem, wenn die Anforderungen hoch und zugleich der Entscheidungsspielraum klein ist.
Die englische Whitehall-Studie zeigt, dass Angehörige der Oberschicht, die grosse Entscheidungskompetenzen haben, weit weniger Stressbelastung zeigen wie Angehörige der Unterschicht, die in  ihrem Leben und ihrer Arbeit kaum Gestaltungsmöglichkeiten haben. Allerdings kann sich in einer vergleichbaren der eine frei und fähig zur Gestaltung erleben und der andere nicht. Darum ist
Was passiert beim Stress?
Im Stress wird alles imOrganismus auf Gefahr eingestellt.
Die Hypophyse schüttet vermehrt Stresshormone wie Adrenalin und Noradrenalin aus.. Puls, Blutdruck und Atemfrequenz steigen. Die Leber setzt Zucker (Glucose) als Energielieferant frei. Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes nimmt zu, die Durchblutung der Haut und der Verdauungsorgane wird gedrosselt. Die Muskeln  und Faszien spannen sich an und das Nervensystem wird in Hochspannung versetzt.
All diese Reaktionen befähigen uns zu Kampf oder Flucht. Wird der Stress chronisch, setzen oft Mechanismen ein, die versuchen, die Stressreaktion zu unterdrücken, da sie so unangenehm und schädlich werden kann.
So entstehen die Stresssymptome und - bei anhaltendem Stress-  stressbedingte Krankheiten:
Stress zeigt sich auf vielfältige Weise.
Psyche: Unruhe, Nervosität , anhaltende Müdigkeit und Konzentrationsschwierigkeiten. Vergesslichkeit, Angst und Panikattacken,  Fehlermachen, Schlaflosigkeit, Reizbarkeit,  Aggression, Burn- out, Erschöpfung, Depression
Kopfschmerzen, Migräne
Herz- und Kreislauf: schneller Puls, Herzklopfen, Schwindel, kalte Hände und Füße, Schlaganfall, Herzinfarkt
Diabetes, Krebs
Muskeln: Muskelverspannungen, Faszienverhärtungen, Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Zittern, Zähneknirsche
Atmung: Atemnot, Asthma
Verdauung: Gastritis,Reizmagen, zu viel Appetit oder zu wenig, Brechreiz.
Flüssigkeitshaushalt: Schweiss,Frieren,  nasse Hände und Füße, Schluckbeschwerden, trockener Mund, Durchfall, Verstopfung
Immunsystem: langwierige Erkältungen, häufige Infektionen, Allergien
Suchtverhalten:  Medikamente,  Alkohol- und  Tabakmissbrauch, Drogen

Stress ein  kognitives Problem
Nach Lazarus (1974)wird Stress wesentlich von kognitiven Bewertungsprozessen mit bestimmt. Stress ist damit eine Interaktion zwischen der (individuellen) Person und der Umwelt. Lazarus hat nachgewiesen, dass Stress durch Einstellung und Erfahrung beeinflussbar ist.
Mit anderen Worten: Ob ich gestresst bin, hängt wesentlich davon ab, wie ich meine Situation bewerte. Wenn der Chef mit Kündigung droht, kann ich Angst bekommen oder mich freuen, dass es bald endlich die lang ersehnte Veränderung in meinem Leben gibt.

Mit anderen Worten: Dass ich eine Anforderung als negativ bewerte, macht einen wesentlichen Teil meiner Stressreaktion aus.
Wie kann man Stress ganz grundsätzlich verändern?
Wir sprachen gerade davon, dass eine wesentlicher Teil der Stressreaktion aus der negativen Bewertung von Stressoren resultiert.
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Das ist der Punkt,  an dem der frühere Anatomieprofessor und Molekularbiologe Jon Kabat Zinn mit seinem MBSR-Training ansetzt:
Er hatte die Intuition, dass sich automatische, gewohnheitsmäßige negative Bewerten von Stressoren durch eine Haltungsschulung verändern lässt: Durch ein Training von Achtsamkeit.
Was ist  denn das: Achtsamkeit ?
Kabat-Zinn entlehnt sein Achtsamkeitsverständnis  dem Buddhismus. Für ihn ist Achtsamkeit:
Die Zuwendung zum Augenblick, ohne ihn  vorschnell zu werten.

Was ist Nicht-Werten?
Nicht- Werten meint: Die Dinge  durchaus weiterhin einschätzen, messen und unterscheiden, aber nicht die Wirklichkeit in Soll- sein und Soll- nicht sein teilen. Nicht die Wirklichkeit verurteilen - sondern ihr zunächst einmal so offen und freundlich und interessiert wie möglich zu begegnen.

Der Begriff Achtsamkeit
Der Begriff Achtsamkeit ist eine deutsche Übersetzung des englischen Wortes Mindfullness. Und Mindfullness ist ein erst in neuer Zeit durch Übersetzer buddhistischer Texte entstandenes  englisches Wort für den alten Pali-Begriff :Sati
'Achtsamkeit',
ist »Eingedenksein, Besinnung, Sich-ins-Gedächtnis-Zurückrufen, Erinnerung, Im-Gedächtnis-Bewahren, Gründlichkeit, Nichtvergeßlichkeit, Achtsamkeit, Achtsamkeit als Fähigkeit, als Kraft, als rechte Besinnung« .
 



 Zu den Qualitäten von Achtsamkeit zählen auch

Mut
Geduld
Offenheit
Anfängergeist
Mitgefühl mit anderen
Mitgefühl mit sich selbst
Vertrauen in die Gegenwart
Die Dinge nehmen, wie sie sind
Auf Wertung verzichten
Sich überraschen lassen
Absichtslosigkeit
Freundlichkeit
Dankbarkeit
Einfachheit
Loslassen

Die Idee von Jon Kabbat Zinn war, Stressbewältigung durch ein systematisches Training von  Achtsamkeit
zu erreichen. Er testete vor Ca. 30 Jahren  seine Idee mit schulmedizinisch austherapierten Patienten an der Universitätsklinik von Massachusetts und war damit so erfolgreich, dass sich sein Training rasch in anderen Kliniken und bald weit über den medizinischen Bereich und weit über die USA hinaus verbreitete. Anfangs wurde das Training vor allem bei körperlich kranken Menschen eingesetzt, später wurde es mehr und mehr auch auf psychische Erkrankungen ausgedehnt.

Das MBSR-Programm enthält folgende Übungselemente:
die Einübung achtsamer Körperwahrnehmung (Body-Scan)
das sanfte und achtsame Ausführen einer Anzahl von Yogastellungen
das Kennenlernen und Einüben des "Stillen Sitzens" (Sitzmeditation)
das achtsame Ausführen langsamer Bewegungen etwa in der Form der traditionellen Gehmeditation
eine dreiminütige Achtsamkeitsübung (Breathing-Space)
das Üben Achtsamkeit auch bei alltäglichen Verrichtungen aufrecht zu halten.

Das MBSR-Training wirkt unspezifisch auf den psychosomatischen Gesamt-Gesundheitszustand. In klinischen Studien konnten positive Wirkungen der MBSR-Kurse bei der Behandlung von chronischen Schmerzzuständen, häufigen Infektionskrankheiten, Ängsten oder Panikattacken, Depressionen, Hauterkrankungen, Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Migräne, Magenproblemen und dem Burn-Out-Syndrom nachgewiesen werden.
Elemente der MBSR-Kurse wendet auch die Dialektisch-behaviorale Therapie (DBT) von Marsha M. Linehan zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen an. Achtsamkeitsbasierte Übungen der Körperwahrnehmung spielen in der kognitiven Verhaltenstherapie auch bei der Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen eine Rolle.
Die angewendeten achtsamkeitsbasierten Methoden stehen im Gegensatz zu suggestiven oder autosuggestiven Verfahren, wie Autogenes Training, Positives Denken oder Mentales Training.
(zitiert nach Wikipedia)
MBCT von Mark Williams
Der Depressionsforscher Mark Williams von der Oxford University hat das MBSR - Training leicht mit verhaltenstherapeutischen Elementen modifiziert und es  mit grossem Erfolg zur Prophylaxe  von  rezidivierenden Depressionen eingesetzt.

Eine besonders erfolgreiche  Technik im MBCT für die Rezidivprophylaxe von Depressionen ist die Übung des Atemraums,
weil damit die unbewussten Automatismen von Grübeln, Fixierung auf negativen Gedanken und Vermeidungsverhalten bei Depressionen durchbrochen werden kann.

Achtsamkeit wird in den letzen Jahren zunehmend wissenschaftlich  erforscht: Dabei zeigt sich:

Ein Zusammenfinden der Neurowissenschaften, der Psychologie und der meditativen Praktiken
Unsere geistige Aktivität verändert unser Gehirn bleibend
Techniken wie MBSR ermöglichen  Selbstgesteuerte Neuroplastizität
MBSR wirkt wie ein Meditationstraining
Meditation verstärkt den anterioren ( frontalen) cingulären Kortex  und die Insula: Mehr Aufmerksamkeit, Einfühlunsvermögen und Mitgefühl
Meditation bewirkt: Die linke vordere Region ist vermehrt aktiv, was stimmungshebend wirkt
 Meditation führt zu vermehrter Kraft und Reichweite der Hirnwellen im Gamma-bereich
 Meditation reduziert stressrelevantes Cortisol und schützt damit den Hypocampus
 Meditation stärkt das Immunsystem
Gehirn wird im Alter weniger ausgedünnt im Kortex
Aufmerksamkeit gekonnt zu steuern ist ein grundlegender Weg, um das Gehirn zu formen - und damit unser Leben
Was sich besonders günstig auf Stressreduktion und Resilienz auswirkt, ist Selbst-Mitgefühl
Die Arbeit :Wandering Mind is a unhappy mind  von Matthew Killingsworth und Daniel Gilbert zeigt: Glück und die Fähigkeit zur Aufmerksamkeit hängen eng zusammen.
Achtsamkeit   Metaqualität ( vgl..  Prof Thomas Homes)  zeigt in Versuchen mit jungen Psychotherapeuten : Die Effektivität von Psychotherapie wächst signifikant, wenn Therapeuten MBSR trainieren.


Buchempfehlungen:
Rick Hansen, Das Gehirn eines Buddha
Thomas Ott: Mediation für Skeptiker
Mark Williams: Der achtsame Weg durch die Depression

Link zu Meditationsforschung:
Kongress Meditation und Wissenschaft: www.meditation-Wissenschaft.org ( Ott, Hölzel, Schmidt, Singer, Walach)

Was hat nun all diese Achtsamkeit mit Homöopathie zu tun ?

Wir können nachlesen bei Hahnemann im §  6 Organen:
"Der vorurteilsfreie Beobachter, die Nichtigkeit übersinnlicher Ergrübelungen  erkennend, nimmt an jeder einzelnen Krankheit nichts als äußerlich durch die Sinne erkennbare Veränderungen im Befinden des Leibes und der Seele ... wahr"
Es geht ihm also sehr stark um die Wahrnehmung. Im Unterschied zu den  aus seiner Sicht auf oberflächlichen Vorurteilen beruhenden irrationalen Behandlungsmethoden vieler Kollegen seiner Zeit geht es bei ihm erst einmal vor allem um das ganz genaue Hinschauen auf die Wirklichkeit, wie sie ist, sowohl in der Betrachtung der Patientensituation wie auch in der Arzneimittelprüfung bzw. dann in der Suche nach der Übereinstimmung von beiden.
Die homöopathische Behandlung trägt also  vordringlich den Charakter de Wahrnehmung, nicht den Geist des Kampfes gegen die Krankheit oder der Flucht vor ihr.


Worte, die an die  Haltung der Achtsamkeit erinnern, finden wir auch bei Sankaran:
Auf S. 10 seines Buches: „The Substance of Homepathy“ schreibt er:

„Gesundheit, erkannte ich, ist des Menschen Freiheit im Moment zu sein und den Zweck seines Lebens zu erfüllen.Krankheit kommt der Fähigkeit des Organismus, seinen Zweck zu erfüllen, in den Weg, weil sie dem Menschen nicht erlaubt, auf die Gegenwart einzugehen.
Sie macht, dass der Mensch aus der Vergangenheit her reagiert.
Heilung ist Wiederherstellung der Gesundheit.

Zusammengefasst sagt er ( S. 24  in Spirit of Homeopathy):
Gesundheit ist die Fähigkeit, im Augenblick da zu sein.
Krankheit ist die Unfähigkeit, gegenwärtig zu sein, durch eine illusionäre Wahrnehmung der Wirklichkeit.
Heilung geschieht durch Desillusionierung, durch Gewahrsein dessen, was  jetzt wirklich da ist.
Disease is delusion. Awareness is cure.

Gestärkt von solchen grossen Homöopathen im Rücken wie Hahnemann oder Sankaran, fragen wir uns jetzt:


Wie könnten wir die Beziehung von Achtsamkeit und Homöopathie verstehen?
Meine  provokante These ist:
Homöopathie wirkt, weil sie Achtsamkeit erzeugt.
Das tut sie beim Arzt und beim Patient.


Wir betrachten in  der homöopathischen Anamnese - wie auch schon in der AMP und im AM-Studium- die gegebene Wirklichkeit so offen und interessiert wie möglich, ohne sie vorschnell zu bewerten. Und in der Gabe des  homöopathischen Mittels wird auf eine individuelle Weise  die Haltung der Achtsamkeit im Patienten aktiviert.
Es  ist die Haltung der Achtsamkeit, die die heilsamen Veränderungen  bzw. die Aktivierung der Selbstheilgungskraft bewirkt.

Dass eine innere Haltung Ursache organischer Veränderungen sein kann - ist heute einwandfrei nachgewiesen von der Neurowissenschaft.

Vielleicht können wir somit Homöopathie neu verstehen als eine Art geniales individuelles Achtsamkeitstraining - ein Achtsamkeittraining sowohl für den Arzt wie auch für den Patienten.

Jetzt hören Sie mal ganz achtsam zu und stellen achtsam eine homöopathische Diagnose bei folgendem praktischen Beispiel: Das Kurzhörspiel vom  gestressten Zugschaffner, gesprochen von Heinz Strunk.
Sie können die Hörprobe bei www.mental-fit.de herunterladen, unter dem Thema Burn-out.
Es geht um eine Stressituation, gespielt vom Komödianten Heinz Strunk, kommentiert vom Mental-Trainer Werner Erhardt, in dem ein Zugschaffner in grossen Stress gerät:
Er leistet sich einen Versprecher nach dem anderen und rastet schließlich aus.

Bei diesem Hörspiel legt sich der Gedanke an die homöopathische Arznei Nux comica nahe.

Nux vomica ist vielleicht das bekannteste Stressmittel der Homöopathie
Wie sieht der Stress bei Nux vomica aus?
Wir kennen von Nux vomica  die Wahnidee: Alles würde schiefgehen, alles würde fehlschlagen, er würde versagen:
Der Stress bei Nux vomica besteht nach meiner Erfahrung in der tiefen Angst oder auch der Erfahrung , den Anforderungen nicht gewachsen zu sein.
Was braucht Nux vomica also zur Stressbewältigung? Er braucht den Erfolg. Nux vomica braucht Erfolg - doch da er seine Ziele zu hoch steckt oder sich von außen zu sehr anfordern lässt, gerät er in einen Teufelskreis: Da er seine Ziele nicht erreicht, braucht er immer mehr Erfolg, um das Versagen zu kompensieren, steckt seine Ziele also immer noch höher, versucht mit allen Mitteln, mit Kaffee, Drogen, Medikamenten sich aufzuputschen, um es doch zu schaffen - schafft es wieder nicht, überanstrengt sich noch mehr - und muss so  irgendwann zwangsläufig im Burn-out enden.
Wie kommt er also heraus aus dem Teufelskreis?
Er oder sie brauchen die Erfahrung, dass sie etwas tun, was gelingt.
Das muss gar nichts so großartiges sein.
Es ist gar nicht so wichtig, was sie tun- aber dass sie eine Tätigkeit ausüben, die sie ausüben können. Sie brauchen die Erfahrung, dass  sie das Ziel erreichen, dass in der Tätigkeit angestrebt wird.
Nux vomica sollte man nicht einfach 10 Tage ins Schweigeretrait schicken. Nux vomica braucht erst mal eine Aufgabe, die er bewältigen kann - wenn er das geschafft hat, kann er auch mal anfangen sich zu entspannen.
Wenn man ihm eine Entspannungsübung oder eine Meditationsübung gibt, muss sie einfach sein und vom unmittelbaren Erfolg gekrönt sein.
Wenn man ihm einen Managerposten gibt, muss die Arbeit für ihn machbar sein uns seiner Persönlichkeit entsprechen  - sonst kann er zum Tyrann sich selbst und anderen gegenüber werden.

Was gibt es sonst für  wichtige Stressmittel in der Homöopathie?

Beispiel Mercurius solubilis
Von Mercurius  kennen wir das Lebensgefühl: Die ganze Welt ist mein Feind. Ich bin von Feinden umgeben. Alle sind gegen mich, und ich muss bis aufs Messer kämpfen, um zu überleben.
Sankaran schreibt.“Das zentrale Gefühl von Mercurius ist, das er beherrscht und unterdrückt wird und dass ihm von einer äußerst diktatorischen Autorität Widerstand geboten wird.  Er ...muß sich aus einer verzweifelten Situation heraus freikämpfen.“
Das ganze syphilitische Miasma- und  Mercurius ist eine der führenden Arzneien dafür, sieht Sankaran als geprägt von der Empfindung:
„Die Situation ist völlig außerhalb der Möglichkeiten meines eigenen Vermögens, dennoch muß ich einen letzten verzweifelten Versuch unternehmen, den letzen verzweifelten Ansatz, um da raus zu kommen.“
In dem  bekannten Film " Der Herr der Ringe " wird dieses Lebensgefühl immer wieder ausgemalt, dramatisch verdichtet, z. B. in der Szene, als die Hobbits allein in der Wildnis von der schwarzen Reitern angegriffen werden, oder bei der Szene in den Höhlen von Khezad Dum, in der die Helden von allen Seiten von schrecklichen Orks und dann auch noch von einem übermächtigen Feuerdämon bedrängt werden, oder beim
beim Sturm der Orks auf die Fluchtburg oder beim Angriff auf die weiße Stadt.

Was braucht deswegen Mercurius zuallererst in seinem Stress?
Mercurius braucht die Erfahrung von Freundlichkeit. Die Erfahrung, dass es Freunde gibt, die es wirklich gut mit ihm meinen und die ihn nicht übers Ohr hauen, denen er vertrauen kann. Und am besten die Erfahrung eines mächtigen, starken Freundes, der ihn beschützen kann, wie ihn die Hobbits in Gandalf und auch im Waldläufer, dem späteren  neuen König der weissen Stadt,  oder auch in den Elben und ihrer Königin, finden.


Wie ist der Stress von Phosphor ?
Der Stress bei Phosphor entsteht aus der Unfähigkeit, seine eigenen Grenzen wahrzunehmen . Er zieht keine Grenze zwischen sich und der Umwelt. Deshalb diffundiert alles aus der Umwelt in ihn hinein, er kann nicht auswählen, was er in sich hineinlassen will und was nicht.  Er hat keine schützende Hülle um sich, keinen eigenen Raum, in dem er sich zurückziehen kann und der nur ihm gehört.
Er nimmt alles wahr, bekommt alles mit, spürt alles, sieht alles- aber irgendwann wird es zuviel.
Dann wird er plötzlich zutiefst erschöpft, kann sich nicht mehr konzentrieren,  fühlt sich ungeliebt, wird gereizt und aggressiv und schwach.
Dann kann er gar nichts mehr aufnehmen, nichts mehr lernen, nicht mehr kommunizieren, alles erscheint ihm dunkel und  beängstigend.
Was Phosphor notwendig braucht, um sich nicht im chronischen Stress unterzugehen:
Etwas, das ihm seinen eigenen inneren Raum aufbauen lässt. Er muss lernen, Grenzen zu ziehen und dazu zu stehen, dass er Grenzen hat. Er muss ich begrenzen. Er muss Nein sagen lernen, auch wenn er alle liebt.
Er muss sich klare Strukturen schaffen,  regelmäßige Rhythmen, klare Formen, klare Beziehungen.
Er braucht immer wieder die Möglichkeit zum Rückzug, Zeit und Raum dazu; ein eigenes Zimmer, Begrenzungen in der Reizzunahme durch Computer und Fernsehen können gerade für Phosphor-Kinder lebenswichtig sein.
Und es braucht auch Begrenzungen in der Beschäftigung: Immer nur eines auf einmal tun;  statt ständig von einem Ort zum anderen zu reisen- an einem Ort, der ihm seinen eigenen Raum zu haben ermöglicht, auch  zu bleiben.

Wie ist der Stress von Argentum nitricum?
Bei Argentum Nitricum herrscht zutiefst das Verlangen, etwas darstellen  zu müssen, und dies in einer besonders herausfordernden Situation: Es ist wie ein Zwang: Das Leben besteht darin, eine schwere Prüfung nach der anderen zu bestehen - und wehe, sie werden eine mal nicht bestehen.
Wenn sie in einer Disziplin, zum Beispiel als Solist oder als Tänzer, besondere Fähigkeiten entwickelt haben, streben sie immer höher und höher hinaus, so dass es immer nie leicht und einfach werden kann, seine Arbeit zu tun -  und immer ist die Arbeit mit einer darstellenden Leistung verbunden, die fast überfordert.
Und immer ist da die tiefe Angst, dieses Mal doch zu versagen.
Es sind die erfolgreichen Künstler, die schon hunderte Auftritte hinter sich haben und doch vor jedem neuen Bühnen auftritt von neuem fast einen Nervenzusammenbruch bekommen.
Auch für Argentum nitricum gibt es eine Heilung von ihrem chronischen Stress:
Das zu zeigen, was sie wirklich sind.  ( Statt das, was man meint, wa erwartet wird). Authentisch zu werden mit ihrer Kunst oder mit was immer sie nach außen etwas darstellen.
Als Redner, als Sänger, als Lehrer, als Pianist, als kreativer Webdesigner einfach das ihrem Publikum vorzuführen, was sie sind und was sie wirklich haben - ohne Verstellung, ohne sich mit Stimulanzien aufzuputschen, ohne  ihre Schwächen zu vertuschen...


Wie sieht der Stress bei Tuberkulinum aus?
Tuberkulinum scheint die Freiheit zu lieben und zu verteidigen. Aber es leidet zutiefst unter dem Gefühl, nirgendwo hinzugehören, keine Heimat haben. Sie geben sich vielleicht als Weltbürger - aber sie vermissen sichere Zugehörigkeit.
Es sind die  Kinder getrennter Eltern, oder Kinder, die ständig umziehen mussten, oder Kinder sehr unruhiger und unsicherer Eltern, Kinder, die auf die eine oder andere Weise ständig in gefährlichen und unberechenbaren Verhältnissen leben mussten.
Eigenständig und frei entscheiden zu können hat ihnen das Überleben nötig gemacht. Deswegen werden sie sich nie irgendwo einsperren lassen und können das, was ihnen fehlt, in rigiden und starren Strukturen nicht finden.
Aber dennoch brauchen sie bitter nötig die Erfahrung, in Freiheit irgendwo zugehörig  zu sein; irgendwo bleiben zu  können in Freiheit;Sich irgendwo einlassen zu können und Wurzeln zu schlagen - und dort Geborgenheit und Sicherheit und klare Beziehungen zu finden.

Welchen Stress  kennt Lac humanum ?
Lac humanum  leidet unter einer frühen Bindungsstörung. Die erste Bindung war nicht sicher, zuverlässig, nährend - es gab Brüche in der Beziehung, Hunger, Fehlen von körperlicher oder seelischer Nahrung.
Was Lac humanum braucht ist die Erfahrung von sicherer Bindung, von Genährt-sein.

Arsenicum album
Arsenicum Album hat seinen Stress hauptsächlich von seinem eigenen inneren  inneren Kritiker, vom strengen Richter in Sich, vom höchst anspruchsvollen Über-Ich.
Bei ihm löst sich der Stress im Lachen,  im Chaos zulassen,  im neue Ordnungen finden,  in der Entdeckung  der Dankbarkeit als Lebenshaltung.

Cannabis indica
Cannabis indica leidet unter seiner  überaus hohen Sensibilität, alles macht ihm  Angst  - und damit geht er allen Schwierigkeiten soweit möglich aus dem Weg.
Er muss lernen, Herausforderungen zu begegnen

Amrum metallicum
trägt eine viel zu hohe Verantwortung, die er nicht bewältigen kann.
Er ist immer gejagt von einer Aufgabe, die zu groß für ihn ist.
Er glaubt immer, es nicht gut genug hinzubekommen.
Was ihn befreien kann ist: Die Erfahrung , dass er loslassen darf von seiner Anstrengung, alles perfekt zu machen, weil   das Leben  selbst schon  vollkommen ist.
Ein schönes Aurum-Lied ist : By the Rivers-Dark von Leonard Cohen, CD 10 new Songs. Der Text ist sehr poetisch. Für mich beschreibt er die Rückschau  eines Menschen auf ein Burn-out oder eine Depression, die er hinter sich hat, weil er die Vollkommenheit des Lebens erkannt hat

Natrium muriaticum
Wie ist der Stress von Natrium muriaticum?
Wir wissen, Natrium muriaticum leidet unter der Erfahrung, verlassen worden zu sein. Im Grunde ist das aber keiner Erfahrung, sondern eine Erinnerung, eine Narbe sozusagen einer alten Wunde, ein Verletztwordensein in der Vergangenheit.
Was braucht Natrium muriaticum , um aus seinem Stress herauszufinden?
Es braucht eine Erfahrung, die es zu berührt, das es in die Gegenwart zurückfindet, ins Hier und Jetzt.
Im Buch von Eckart Tolle: Jetzt -die Kraft der Gegenwart sind solche Erfahrungen näher beschrieben.

Zum Ende des Abends noch eine Bemerkung:
Achtsamkeit  im MBSR  sowie in der Homöopathie meint  nicht nur Aufmerksamkeit und Wahrnehmung.  Achtsamkeit ist auch die freundliche Zuwendung gerade zum Ungewollten.
Eindrucksvoll ist diese Haltung beschrieben in  der keltischen Sage von  den Söhnen des Königs Eochaid in SakiSantorellis Buch: Zerbrochen und doch ganz, S. 130.
Mit dieser Geschichte  möchte ich den heutigen Abend gern beenden:

Die Söhne des Königs Eochaid gingen eines Tages zur Jagd und verirrten sich. Unfähig, den Weg aus dem Wald zu finden, wurden sie zunehmend durstiger. Also machte sich der Älteste der Söhne mit dem Namen Fergus auf den Weg, um nach Wasser zu suchen. Nach einiger Zeit fand er einen Brunnen und ging auf ihn zu.
Eine alte Frau sass auf dem Brunnenrand. Als Fergus näher kam, erschrak er :
Schwärzer als Kohle war jedes Glied und jeder Teil von ihr, vom Scheitel bis zur Sohle. Dem Schwanz eines wilden Rosses vergleichbar war die graue, strähnige Haarmasse, die aus dem oberen Teil ihrer Kopfhaut hervorwuchs.  Mit der Sichel eines grünlich aussehenden Zahnes, der in ihrem Mund saß und sich bis zum Ohr herumbog, konnte sie den grünen Zweig einer erwachsenen  Eiche herunterziehen. Geschwärzte und vom Rauch getrübte Augen hatte sie. Die Nase saß schief , hatte weite Nüstern und sass auf einem gelblichen, warzenbedeckten Gesicht.
Unter den mageren Brüsten  hatte die Frau einen faltigen und gefleckten Bauch und krumme, schiefe, knotige Beine, die geziert waren mit massigen Knöcheln und einem Paar gewaltigen Schaufeln daran. Ihre Nägel waren schmutzig und aschfahl.

Als Fergus vor ihr stand,   rieb er sich die Augen und fragte: "Ist es so?" Die schreckliche Frau antwortete: "Ja, es ist wahr."
"Bewachst du die Quelle?" fragte Fergus weiter.
"Ja, das tue ich", erwiderte die schreckliche Frau.
"Ich möchte ein wenig Wasser fortnehmen", sprach Fergus weiter.
"Gerne kannst du das, entgegnete die Frau. Aber zunächst musst du mich küssen, sonst wirst du kein Wasser bekommen."
"Nie und nimmer werde ich dich küssen", schrie Fergus, und verliess voller Ärger den Brunnen.
Einer nach dem anderen begaben sich die drei weiteren Brüder auf denselben Weg wie Fergus. Jeder von ihnen fand den Brunnen, und jeder weigerte sich, die Frau zu küssen, die ihn bewachte.
Jeder gelobte, eher zu sterben, als in Kontakt mit der grauenerregenden Erscheinung  vor ihm zu treten. Jeder wandte sich ab.
Schließlich nahm der fünfte Bruder mit Namen Niall die Suche auf. Auch er fand den Brunnen, begegnete der Frau, und als er die Bedingungen für den Zugang zum Wasser hörte, stimmte er ohne zu zögern zu, und er küsste sie und umarmte sie.
Als er das bereitwillig getan hatte, verwandelte sich die Hüterin des Brunnens von einem hässlichen Weib in eine wunderschöne Frau.
Niall war wie geblendet, und sie erschien ihm wunderbarer als die Milchstrasse am Sternenzelt.
"Ja, es ist wahr", sagte die schöne Frau.
"Wer bist du? " fragte Niall.
"Ich bin die königliche Macht, die allem Ungewollten mit Güte und Liebe begegnen kann", antwortete sie.
"Nun geh, nimm das Wasser  und wisse - dein Königreich wird mit den höchsten Kräften gesegnet sein..."